Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung Hamburg |
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Tagesordnungspunkt: | 9 Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE Hamburg (dort beschlossen am: 03.04.2024) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 04.04.2024, 16:25 |
L02: Kommunikation und Beteiligung 3.0
Antragstext
Mit den Beschlüssen „Mehr Kommunikation – bessere Beteiligung“ vom 31. Januar
2012 und „Kommunikation und Beteiligung 2.0“ vom 30. Mai 2015 haben wir uns als
GRÜNE Hamburg mit unseren Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen
auseinandergesetzt. Viele etablierte Formen der Zusammenarbeit und
Beteiligungsmöglichkeiten sind in diesen Prozessen entstanden, weiterentwickelt
und geschärft worden. 2015 haben wir sie im Hinblick auf eine neue
Regierungsbeteiligung kritisch unter die Lupe genommen und Lehren aus
vergangenen Regierungsbeteiligungen gezogen. Seitdem hat sich die Landespartei
stark verändert: Wir sind auf über 4.500 Mitglieder angewachsen und haben uns
damit mehr als verdoppelt. Wir haben unsere Arbeitsweisen im Zuge der Corona-
Pandemie an vielen Stellen angepasst. Wir regieren in deutlich mehr Bezirken –
teilweise auch von vorne – mit und sind 2020 mit 24,2 % in deutlich gestärkte
Regierungsverantwortung auf Landesebene gewählt worden. Auf dieser Basis wollen
wir unsere Strukturen erneut kritisch betrachten, schauen, was gut läuft und was
wir weiterentwickeln und anpassen wollen. Im Zentrum stehen dabei die
Rollenverständnisse der verschiedenen grünen Ebenen und unsere Kommunikations-
und Beteiligungsstrukturen, auch in Krisensituationen. Außerdem nehmen wir die
Strukturen der Zusammenarbeit zwischen Partei und Bürgerschaftsfraktion sowie
Landes- und Bezirksebene besonders unter die Lupe.
Kapitel 1: Rollenklarheit &
Beteiligungsstrukturen
Etablierte Regierungspartei:
Zusammenspiel Landesvorstand - Fraktionen - Senat
Seit unserer Regierungsbeteiligung ab 2015 hat sich ein grundsätzlich gut
funktionierendes Zusammenspiel zwischen Senator*innen, Bürgerschafts- und
Bezirksfraktionen sowie Parteivorstand entwickelt. Die im Beschluss
„Kommunikation und Beteiligung 2.0“ definierten Rollen der drei Ebenen haben
sich in anderthalb Legislaturen im Reality-Check bewährt. Für die Zukunft muss
es darum gehen, dass die formulierten Rollen und Aufgaben weiterhin
verantwortungsvoll und an einzelnen Stellen noch konsequenter ausgefüllt werden.
Im Einzelnen bedeutet das:
Die grünen Senatsmitglieder und ihre Staatsrät*innen dienen weiterhin in
erster Linie der Stadt, nicht der Partei. Sie organisieren auf Basis des
Koalitionsvertrages das praktische und tägliche Handeln von Regierung und
Verwaltung. Sie sind verantwortlich für die Umsetzung des Vertrages in
ihren Ressorts und für ein Frühwarnsystem gegenüber der Partei bei
kritischen Themen innerhalb und außerhalb des Vertrages. Der regelhafte
Austausch zwischen Senat, Fraktionsvorstand und Parteiführung findet dabei
in den wöchentlichen grün-internen Senatsvorbesprechungen (GVBen) statt.
Die Senator*innen und ihre Staatsrät*innen sind dazu angehalten, diesen
Ort konsequent für die Weitergabe relevanter Informationen und die
kritische Diskussion brennender Themen in ihren Ressorts und dem
allgemeinen Regierungshandeln zu nutzen.
In der grünen Bürgerschaftsfraktion liegen die fachlichen Kompetenzen
sowie – seit der Legislatur ab 2020 in neuer Quantität – die personellen
Ressourcen zur inhaltlichen Begleitung des Regierungshandelns. Sie sichert
in den Parlamentsausschüssen und dem Bürgerschaftsplenum das
Regierungshandeln und begleitet die Umsetzung des Koalitionsvertrages
konstruktiv. Sie vertritt die grüne Position auch in den Bereichen, in
denen die grünen Behörden nicht originär zuständig sind. Es ist Aufgabe
der Bürgerschaftsfraktion, für die grünen Positionen in der Stadt zu
werben und ihr Handeln in der Bürgerschaft aktiv in die Partei zu
kommunizieren. Zur Kommunikation in die Partei hinein haben sich dabei
unter anderem bewährt: die Berichte aus der Bürgerschaft, die der
Fraktionsvorstand per Mail an die Partei verschickt, parteiinterne
Mitgliederabende zu aktuellen und insbesondere kritischen Themen, die
gemeinsam mit dem Landesvorstand umgesetzt werden, die Teilnahme der
Fachabgeordneten an den Sitzungen der entsprechenden LAGen, sowie seit
dieser Legislatur ein Signal-Channel als schneller Informationskanal über
die parlamentarische Arbeit. Diese sollen weiter konsequent umgesetzt
werden1. Auch eine personelle Verknüpfung durch Abgeordnete, die Teil des
Landesvorstandes sind, hilft bei der Kommunikation zwischen Partei und
Fraktion. Gerade in Krisensituationen hat sich gezeigt, dass ein schneller
und zuverlässiger Austausch mit dem gesamten Landesvorstand über die
monatlich stattfindenden gLaVo-FraVo-Sitzungen hinaus essenziell ist. Der
Fraktionsvorstand hat dementsprechend die Verantwortung, für die Partei
kritische Themen, die über die interne Organisationsstruktur der
Bürgerschaftsfraktion hinausgehen, aktiv in den Landesvorstand
hineinzutragen. Möglichkeiten zur Bearbeitung der Themen sind (Sonder-
)Landesvorstandssitzungen, an denen der Fraktionsvorstand teilnimmt oder
auch die Teilnahme des Landesvorstandes an Sitzungen der Fraktion bzw. des
Fraktionsvorstandes.
Auch in unserer gewachsenen Regierungspartei ist der Landesvorstand
weiterhin das strategische Zentrum unserer langfristigen
Politikentwicklung. Hier werden zwischen den Landesmitgliederversammlungen
und Landesausschüssen die für die grüne Partei wichtigen Entscheidungen
getroffen und die Rückkopplung mit für uns wichtigen Entscheidungen von
Senat und Fraktion organisiert. Der Landesvorstand gestaltet die Prozesse
zur Weiterentwicklung unserer Programmatik und längeren Linien über die
aktuelle Legislaturperiode hinaus. Wenn sich politische Probleme und
Herausforderungen ankündigen, muss der Landesvorstand davon erfahren,
darüber diskutieren und über verschiedene Ebenen die Beteiligung der
grünen Gremien und Parteimitglieder sicherstellen. Als Herausforderung hat
sich in der Vergangenheit die stark auseinanderfallende
Ressourcenausstattung zwischen dem geschäftsführenden Landesvorstand und
dem gesamten Landesvorstand erwiesen. Die Professionalisierung des
geschäftsführenden Landesvorstandes ist wichtig, denn nur durch
umfangreiche Zeitressourcen, insbesondere der Ämter der
Landesvorsitzenden, kann gerade in Regierungszeiten die Beteiligung der
Partei am Regierungshandeln auch praktisch umgesetzt werden. Darüber
hinaus kann so eine professionelle Führung der Landesgeschäftsstelle
gewährleistet werden. Deshalb haben wir diese Entscheidung als Partei
bewusst getroffen und im Rahmen der 2015 eingesetzten Strukturkommission
die weitere Professionalisierung des geschäftsführenden Landesvorstandes
auf den Weg gebracht. Gleichzeitig kann von den weiteren Mitgliedern des
Landesvorstandes nicht die Einbringung vergleichbarer zeitlicher
Ressourcen erwartet und geleistet werden. Hierdurch kommt es teilweise zu
Hierarchien, vor allem in Form von Wissensvorsprüngen. Der
geschäftsführende Landesvorstand und insbesondere die beiden
Landesvorsitzenden stehen deshalb in der besonderen Verantwortung, die
aktive Weitergabe und gemeinsame Beratung von kritischen Themen aus Senat
und Fraktion in den gesamten Landesvorstand sicherzustellen.Die weiteren
Landesvorstandsmitglieder haben ihrerseits die Aufgabe, die Beratung von
kritischen Themen einzufordern sowie frühzeitig auf Probleme, Widerstände
und Kritik hinzuweisen, die sie aus der Partei vernehmen.
Die Bezirksfraktionen setzen grüne Ideen vor Ort in den Stadtteilen und
Bezirken um. Bezirkliche Entscheidungen betreffen die Menschen oft sehr
direkt, und sie erleben dadurch unmittelbar die Folgen politischen
Handelns. Durch die Bezirksabgeordneten und die zugewählten Bürger*innen
haben grüne Bezirksfraktionen das Ohr direkt an der Parteibasis sowie der
Stadtgesellschaft und sind ein guter Seismograph für Stimmung und mögliche
Probleme. Über die regelmäßigen Runden der Bezirksfraktionsvorsitzenden
mit dem*der Fachsprecher*in für Bezirke in der Bürgerschaft sowie über die
Einbindung der grünen Bezirksamtsleitungen in der GVB gibt es einen
kontinuierlichen Austausch. Die Bezirksfraktionen haben die Verantwortung,
kritische Themen, bei denen sie die Unterstützung der Landesebene
benötigen, frühzeitig anzumelden. Im Umkehrschluss sind Senat,
Bürgerschaftsfraktion und Landesvorstand dafür verantwortlich, kritische
Themen, die in der Zuständigkeit der Bezirke liegen, jedoch im
übergeordneten Interesse der Landesebene sind, frühzeitig bei den
betreffenden Bezirksfraktionen anzumelden. Senat, Bürgerschaftsfraktion
und Landesvorstand sind dann gefordert, geeignete Formate zur Besprechung
und Lösung dieser Themen anzubieten.
Seit der Bundestagswahl 2021 haben wir mit vier Bundestagsabgeordneten
erstmals eine wirkliche kleine Landesgruppe in Berlin. Die
Bundestagsabgeordneten tragen insbesondere durch die grüne
Regierungsbeteiligung in Berlin eine besondere Verantwortung: zum einen
für die Kommunikation bundespolitischer Themen nach Hamburg, zum anderen
für die Kommunikation unserer Hamburger Erwartungen an die Bundespolitik
nach Berlin. Die Bundestagsabgeordneten stehen in der Verantwortung, auf
kritische Themen gegenüber Landesvorstand, Fraktion und Senat hinzuweisen
und gegebenenfalls eine Hamburger Positionierung einzufordern. Hier hat
sich bewährt, dass die Hamburger Bundestagsabgeordneten über ihre
eigentlichen Fachverantwortlichkeiten hinaus die Zuständigkeit für Themen
gegenüber dem Landesverband aufgeteilt haben und auch Ansprechpartner für
die Kreisverbände ohne direkt gewählte MdBs benannt haben. Soweit möglich,
nehmen die MdBs bzw. ihre Büros darüber hinaus an Sitzungen der
Bürgerschaftsfraktion teil.
Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen als stark
gewachsene Partei
Entscheidend für unseren Erfolg ist nicht nur ein gutes Zusammenspiel zwischen
Landesvorstand, Bürgerschaft und Senat, sondern auch funktionierende
Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen zwischen Parteispitze und Partei. Wir
GRÜNE in Hamburg wollen, dass politische Leitentscheidungen in klaren und
transparenten Verfahren, durch legitimierte Gremien und mit der Chance zur
innerparteilichen Diskussion getroffen werden. Gleichzeitig ist auch das
Vertrauen in das autonome Handeln im grünen Sinne untereinander ein enorm
wichtiges Gut. Denn dieser Anspruch steht ohne Zweifel im Spannungsfeld zu
schneller Aktions- und Reaktionsfähigkeit im täglichen Regierungshandeln und
bringt durch unser großes Mitgliederwachstum der vergangenen Jahre neue
Herausforderungen mit sich. Wir kapitulieren jedoch nicht vor dieser
Herausforderung, sondern versuchen beides unter den neuen Bedingungen in den
bestmöglichen Ausgleich zu bringen. Es ist klar, dass der Landesvorstand, wie
auch die anderen legitimierten Gremien, nicht jede einzelne Entscheidung mit
jedem Gremium und jedem Parteimitglied abstimmen kann. Für alltägliche
Entscheidungen ist der Landesvorstand von der Partei gewählt. Er muss aber
Transparenz über seine Entscheidungen herstellen. Darüber hinaus steht er in der
Verantwortung, größere politische Entscheidungen sowie kritische Themen mit der
Partei und unseren Gremien rückzukoppeln und Beteiligungsstrukturen zu
organisieren. Wir haben uns als GRÜNE Hamburg immer wieder mit der Frage
auseinandergesetzt, wie das am besten gelingen kann und in Einklang mit den
begrenzten zeitlichen Ressourcen ehrenamtlichen politischen Engagements zu
bringen ist. Wir haben Erfahrungen und Experimente mit neuen Formaten regelmäßig
evaluiert und Strukturen an neue Rahmenbedingungen angepasst.2An vielen Stellen
funktionieren die gewachsenen Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen sehr
gut. Wir müssen das Rad also nicht neu erfinden, sondern wollen die bisherigen
Beteiligungsstrukturen erneut evaluieren. Die Erfahrungen der aktuellen
Legislatur haben dabei an bestimmten Stellen noch Verbesserungsbedarf sichtbar
gemacht.
Landesvorstandssitzung
Die Landesvorstandssitzung ist der Ort, an dem ganz offiziell und legitimiert
strategische Fragen in regelmäßigen Abständen diskutiert werden sollen, bei
Bedarf zweigeteilt in einen parteiöffentlichen und einen internen Teil. Die
Sitzungen des Landesvorstandes sollen der Ort sein und noch mehr werden, an dem
die Gliederungen und Mitglieder ihre Anliegen, ihre Kritik und ihre Forderungen
einbringen und sicher sein können, dass diese weiterverfolgt und nachvollziehbar
entschieden werden. Landesarbeitsgemeinschaften, Kreisvorstände und grüne
Gremien können hier wichtige Anliegen anmelden und mit dem Landesvorstand
besprechen. Diese Möglichkeit wurde in der Vergangenheit trotz des formulierten
Angebots nur eingeschränkt genutzt. Der Landesvorstand ist deshalb künftig
angehalten, unter anderem im Rahmen der per Mail versendeten
Sitzungseinladungen, noch deutlicher auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Grüne
Gremien stehen in der Verantwortung, die Beratungsmöglichkeit in den
Landesvorstandssitzungen bei Bedarf auch wirklich zu nutzen.
Strategiekreis
Im Zuge der ersten rot-grünen Koalition ab 2015 wurde das Gremium des
Strategiekreises eingeführt, das an den Landesvorstand angebunden ist und mit
einem transparenten Teilnehmer*innenkreis, bestehend aus unseren Senator*innen,
dem Fraktionsvorstand, dem Landesvorstand sowie den Hamburger
Bundestagsabgeordneten, circa vierteljährlich tagt. Hier werden zentrale
strategische Fragen der Politikentwicklung der GRÜNEN Hamburg beraten und
gemeinsame Linien zwischen den Ebenen abgestimmt. Der Landesvorstand hat
sicherzustellen, dass Informationen aus dem Strategiekreis unter Einbehaltung
der notwendigen Vertraulichkeit in die Parteigremien kommuniziert werden, für
die sie relevant sind.
Parteitage
Landesausschuss (LA)
Der Landesausschuss ist das höchste beschlussfassende Gremium zwischen den
Landesmitgliederversammlungen. Spätestens seit der Corona-Pandemie, die temporär
das Abhalten von LMVen verhinderte, hat sich der Landesausschuss zunehmend als
echter kleiner Parteitag etabliert, der nicht nur als notfallmäßiger Ersatz für
LMVen bei kurzfristig zu fällenden Entscheidungen dient. Beim Landesausschuss
wird ein kritisch-konstruktiver Blick auf die Arbeit von Regierung und Fraktion
organisiert, grüne Programmatik vorangebracht und auch durch Presseanwesenheit
öffentliche Aufmerksamkeit erzielt. Diese Rolle des Landesausschusses wollen wir
weiter festigen. Damit der Landesausschuss noch stärker ein Ort für kritische
Debatten wird, muss die Vorbereitung der Delegierten aus den Kreisverbänden
verbessert werden. Dafür soll der Landesvorstand zukünftig zur Vorbereitung auf
LAs Landesvorsitzenden-Kreisvorsitzenden-Treffen abhalten, und die
Kreisvorstände sollen auf dieser Basis Delegiertentreffen in ihren
Kreisverbänden organisieren. Darüber hinaus ist der Landesvorstand angehalten,
Termine für LAs (wie auch für LMVen) frühzeitig zu kommunizieren und sich für
Leitanträge an den längeren Fristen zu orientieren, die für
Landesmitgliederversammlungen gelten. So kann eine angemessene Vorbereitung der
Delegierten gewährleistet werden.
Landesmitgliederversammlung (LMV)
Die Landesmitgliederversammlung ist als Gremium mit der höchsten politischen
Legitimation bei uns GRÜNEN in Hamburg weiterhin keine Delegiertenversammlung,
sondern der Parteitag, bei dem alle Mitglieder Stimmrecht haben. Dies stellt uns
als stark gewachsene Partei vor Herausforderungen in Form von erheblich
gestiegenem Organisationsaufwand sowie hohen Kosten. Dennoch: Wir schätzen
unsere LMV als grüne „Hamburgensie“, die unsere basisdemokratischen Werte
unterstreicht, und wollen sie möglichst in dieser Form aufrechterhalten.
Gleichzeitig muss klar sein, dass die Umsetzbarkeit bei weiterem Wachstum stetig
evaluiert werden muss. Eine strukturelle Veränderung der LMV ist auch in Zukunft
ohne breiten Parteiprozess und LMV-Beschluss nicht denkbar.
Mitgliederabende & Themenabende
Wenn es kritische, aktuelle Themen gibt, lädt der Landesvorstand – bei Bedarf
unter Einbindung der Bürgerschaftsfraktion und des Senats – zu parteiinternen
Mitgliederabenden ein, bei denen offen über kontroverse Themen gesprochen werden
kann. Dieses Format gewinnt an Bedeutung, da der Landesausschuss mittlerweile
keine parteiinterne Versammlung mehr ist, sondern von der Presse zunehmend als
relevanter Gegenstand für Berichterstattung wahrgenommen wird. Auch über
kritische Themen hinaus haben viele Mitglieder den Bedarf, sich regelmäßig zu
aktuellen Themen auf Landes- oder Bundesebene zu informieren und auszutauschen.
Auch dafür hat der aktuelle Landesvorstand regelmäßig zu Mitgliederabenden
eingeladen. Um die Bedeutung des klassischen Mitgliederabends nicht zu
unterminieren, wird der Landesvorstand zu solchen Anlässen künftig zu
„Themenabenden” einladen. Das Format des Themenabends hat Potenzial, noch
regelmäßiger stattzufinden, insbesondere da dies durch digitale Sitzungen
mittlerweile einfacher und niedrigschwelliger umsetzbar ist.
Zukunftswerkstatt / Denkfabrik
Das Format der Zukunftswerkstätten, Denkfabriken o.ä. dient der freien
Entwicklung von Ideen und Programmansätzen, ist zugänglich für alle Mitglieder
und soll insbesondere Ort für die Landesarbeitsgemeinschaften sein, ihre
Expertise einzubringen. In der aktuellen Legislatur hat sich bewährt, offene
Programmarbeit nicht kontextlos stattfinden zu lassen, sondern in
Programmprozesse einzubinden. So hat der jetzige Landesvorstand
Zukunftswerkstätten im Rahmen der Planwerkstatt 2030 organisiert, bei der auf
verschiedenen Ebenen zu bestimmten Politikfeldern an unseren langen Linien
gearbeitet wurde. Dieser Ansatz ermöglicht der Partei das programmatische
Arbeiten ohne Denkverbote und stellt dabei gleichzeitig sicher, dass die
Ergebnisse in konkrete Beschlusslagen münden, weshalb er so weiterverfolgt
werden soll.
Regierungsprogrammprozess
Der Regierungsprogrammprozess, in dem wir als Partei in der zweiten Hälfte jeder
Legislatur gemeinsam an den Inhalten für unser neues Regierungsprogramm
arbeiten, ist mittlerweile ein fester und essenzieller Bestandteil unserer
programmatischen Arbeit als Partei. Dabei haben sich Beteiligungsformate
etabliert, die wir in Zukunft gesichert aufrechterhalten wollen:
Call for Ideas
Beim offenen Call for Ideas haben alle Parteimitglieder die Möglichkeit, ihre
Ideen und Anregungen für das Regierungsprogramm in einer vorgegebenen Struktur
einzureichen. Nicht selten ist auf diesem Weg das ein oder andere zentrale
Wahlkampfthema aufgekommen.
Gremien-Einbindung
Im Rahmen der Gremien-Einbindung geht der Landesvorstand in alle
Landesarbeitsgemeinschaften und weitere Gremien wie die GRÜNEN 60+ sowie die
GRÜNE JUGEND, um anhand von konkreten Fragen systematisch Input für das
Regierungsprogramm einzuholen.
Gremien-Austausch
Die quartalsweise stattfindenden Austauschformate zwischen Landesvorstand und
jeweils LAG-Sprecher*innen, Kreisvorständen und GRÜNER JUGEND haben sich
grundsätzlich bewährt. Gerade die LaVo-LAG-Treffen waren in der Vergangenheit
jedoch teilweise nur spärlich besucht. Gleichzeitig gibt es regelmäßig den Ruf
nach mehr Einbindung durch die LAGen. Die Verantwortung liegt hier auch bei den
LAG-Sprecher*innen, vor Sitzungen aktiv rückzumelden, über welche Themen
Austausch gewünscht ist und möglichst teilzunehmen. Im Umkehrschluss soll der
Landesvorstand die Weitergabe essenzieller Informationen auch an verhinderte
LAG-Sprecher*innen sicherstellen. Ziel des LaVo-LAG-Treffens ist ein
Austauschkanal, der in beide Richtungen funktioniert und sowohl eine Einbindung
der LAGen in die programmatische Arbeit des LaVos ermöglicht als auch
Informationsfluss aus den LAGen und mittelbar den BAGen gewährleistet.
Cross-LAG-Projekte
Das Format der Cross-LAG-Projekte wurde etwa in Form des Koordinationskreises
Klima verstetigt und weiter institutionalisiert. Durch feste Strukturen, in
denen die Kompetenzen der verschiedenen thematisch betroffenen LAGen eingebunden
sind, können interdisziplinäre Themen, die für uns von besonderer Bedeutung
sind, parteiseitig besser programmatisch begleitet werden. Noch haben solche
verstetigten Cross-LAG-Projekte jedoch keinen offiziellen Status. Der
Landesvorstand wird deshalb beauftragt, einen Rahmen zu schaffen, um
Koordinationskreisen einen offiziellen Satzungsstatus zu verleihen. Auch
temporäre Kollaborationen zwischen mehreren LAGen sind weiterhin ausdrücklich
erwünscht. Die Organisation der Vernetzung über die LaVo-LAG-Treffen hinaus
erfolgt eigenverantwortlich durch die LAG-Sprecher*innen.
Asynchrone Kommunikation (Grüne Wolke)
Unsere Grüne Wolke, ein Cloud-Storage-System, wird bereits von vielen grünen
Gremien verwendet, um Dateien zu teilen und Informationen weiterzugeben. Über
die Grüne Wolke können zum Beispiel Protokolle parteiöffentlicher Gremien,
Infomaterial zu Parteiprozessen oder auch wahlkampfrelevante Dokumente wie Argu-
Hilfen allen Parteimitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Der Landesvorstand
soll diese Potenziale der Grünen Wolke zukünftig unter Berücksichtigung der
effizienten Nutzung von begrenzten Personalressourcen nutzen und ein
Ordnersystem anlegen, das für alle Mitglieder des Landesverbandes zugänglich
ist. Zusätzlich kann die Grüne Wolke auch stärker für den Informationsfluss
zwischen den Gremien genutzt werden, etwa, indem die Ordner der LAGen für alle
Sprecher*innen zugänglich gemacht werden.
Kommunikation grüner Erfolge
Insbesondere in Zeiten grüner Regierungsbeteiligung in Bund und Ländern kommt
der Kommunikation politischer Erfolge und Kompromisse eine besondere Bedeutung
zu. Dies gilt sowohl für die interne Kommunikation (Mitglieder,
Mitarbeiter*innen, Ehrenamtliche) als auch für die Kommunikation nach außen im
Hinblick auf die mediale Rezeption unserer Politik. Beide Kommunikationswege
sind eng miteinander verknüpft.
Wir wollen deshalb künftig dafür sorgen, dass die Mitglieder stärker und
regelmäßiger mit grünen Erfolgen, Hintergründen und Argumenten versorgt werden.
Das ist zentral, damit die Mitgliedschaft konkret eingebunden und in der Lage
ist, sich zum Beispiel in den sozialen Medien gut informiert in die
gesellschaftlichen Diskurse einzubringen.
Zu diesem Zweck wird über einen geeigneten Messenger-Dienst eine „Broadcast-
Gruppe“ eingerichtet. Über diesen Messenger kann die Parteiführung die
Mitglieder regelmäßig über Erfolge und Fortschritte in den grünen Behörden, der
Bürgerschaftsfraktion und der Parteiarbeit informieren sowie Informationen aus
der grünen Regierungsbeteiligung im Bund einbinden. Perspektivisch ist das Ziel,
unsere Mitglieder per App zu erreichen, um den unterschiedlichen
Informationsbedürfnissen und Beteiligungswünschen Rechnung zu tragen.
Kommunikation und Beteiligung in Krisensituationen
Insbesondere in Krisensituationen hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass
die externen und internen Kommunikations- und Beteiligungsstrukturen noch
unzureichend ausgestaltet sind. Für die Krisenkommunikation nach außen haben die
Pressestellen der Bürgerschaftsfraktion, der grünen Senatsseite und der
Landesgeschäftsstelle einen Professionalisierungsprozess angestoßen, um künftig
anhand klarer Leitlinien besser gewappnet zu sein. Der aktuelle Landesvorstand
hat darüber hinaus bereits neue interne Strukturen angekündigt, die künftig
konsequent umgesetzt werden sollen:
Sonder-Landesvorstandssitzungen
Die zweiwöchentlich stattfindenden Landesvorstandssitzungen reichen im
alltäglichen Geschäft aus, damit der Landesvorstand wichtige Entscheidungen
treffen kann. Um auch in dynamischen Krisensituationen im gesamten
Landesvorstand Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung nicht
überproportional beim geschäftsführenden Landesvorstand zu belassen, braucht es
in diesen Situationen noch konsequenter kurzfristig angesetzte Sonder-
Landesvorstandsitzungen. Die Landesvorsitzenden beziehungsweise der
geschäftsführende Landesvorstand haben aufgrund ihres häufigen Wissensvorsprungs
eine besondere Verantwortung, diese Sitzungen situationsbedingt einzuberufen.
Auch die weiteren Mitglieder des Landesvorstandes stehen in der Verantwortung,
Sonder-Landesvorstandssitzungen einzufordern, wenn sie auf kritische Themen oder
auf drängende Probleme stoßen. Nicht in jeder Situation kann gewährleistet sein,
dass die Landesvorsitzenden als Erste im Landesvorstand von aufkommenden
Problemen wissen.
Kurzfristige Schalten mit den Kreisvorsitzenden
Während der regelhafte Austausch zwischen Landes- und Kreisvorsitzenden gut
funktioniert, hat der schnelle Austausch in Krisensituationen bisher zu
unregelmäßig stattgefunden. Die Landesvorsitzenden sind angehalten, die
Kreisvorsitzenden künftig kurzfristig zu digitalen Schalten einzuladen, um sie
über kritische Themen zu informieren und sich auszutauschen. Dabei muss
ressourcenschonend mit der Zeit der ehrenamtlich tätigen Kreisvorsitzenden
umgegangen werden. Gleichzeitig muss aber sichergestellt sein, dass ein
wichtiger Austausch nicht erst stattfindet, wenn die Hütte brennt, sondern
bereits dann, wenn sich schwierige Themen abzeichnen.
Kontakt Landesvorstandsmitglieder mit KVen/LAGen stärken
Es hat sich bewährt, dass alle sieben Landesvorstandsmitglieder Kontaktperson
für einen Kreisverband und jeweils zwei bis drei Landesarbeitsgemeinschaften und
weitere grüne Gremien sind. Das bedeutet nicht, an jeder Sitzung teilzunehmen,
aber erfordert ein aktives aufeinander Zugehen von beiden Seiten, um einen
direkten Austausch über aktuelle politische und organisatorische Probleme zu
sichern. Die Landesvorstandsmitglieder haben sicherzustellen, dass der
Informationsfluss im Falle von auftretenden Problemen, Kritik oder Widerständen
funktioniert und KVen bzw. LAGen über ihre Kontaktpersonen einen schnellen und
funktionierenden Draht in den Landesvorstand vorfinden.
Schulungen Krisenkommunikation
Die Auseinandersetzung damit, wie wir mit Krisen umgehen, bevor eine solche
eintritt, ist ein entscheidender Faktor für Erfolg oder Misserfolg des
Krisenmanagements. Folgende Gremien sind deshalb angehalten, jeweils für ihre
Führungspersonen entsprechende Schulungen anzubieten: der Landesvorstand, die
Kreisvorstände, die Bürgerschaftsfraktion und die Bezirksfraktionen. Der
Landesvorstand hilft bei der Vermittlung passender Fortbildungsangebote.
Kapitel 2: Spannungsfeld zwischen Partei und
Fraktionen
Die Abgeordneten der grünen Bürgerschaftsfraktion wie auch der Bezirksfraktionen
sind durch und für die Partei in das Landesparlament beziehungsweise die
Bezirksversammlung gewählt. Damit geht grundsätzlich die klare Erwartungshaltung
einher, dass die Abgeordneten ihr Mandat im Sinne der Partei ausfüllen und sich
für grüne Programmatik einsetzen. Gleichzeitig gilt: Die Zeiten eines
„imperativen Mandats”, bei dem Abgeordnete strikt im Sinne der Parteiposition
abstimmen sollten, sind aus gutem Grund lange vorbei. Klar ist: Wir wollen
gestalten! Dafür braucht es sowohl eine geregelte Zusammenarbeit unserer
Abgeordneten in den Fraktionen als auch – aller Wahrscheinlichkeit nach – in den
Koalitionen mit anderen Parteien.
Grünes Arbeiten in Regierungskoalitionen
Koalitionen sind Zweckbündnisse auf Zeit. Die Koalitionspartner stehen im
Spannungsverhältnis von Wettbewerb und Kooperation. Grundlage für
funktionierende Zusammenarbeit sind deshalb in Koalitionsverträge gegossene
Kompromissvereinbarungen zu gemeinsamen politischen Projekten. Als GRÜNE
legitimieren wir Regierungsbeteiligungen unserer Partei auf allen Ebenen mit der
Zustimmung zu Koalitionsverträgen. Die Abgeordneten haben in diesem Rahmen die
Legitimation der Partei, aber auch die Pflicht, sich für die Umsetzung des
Koalitionsvertrages einzusetzen, diesen zu konkretisieren und in der täglichen
parlamentarischen Arbeit mit Leben zu füllen.
Auch über Koalitionsverträge hinaus haben unsere Abgeordneten den Auftrag, sich
für die Realisierung grüner Beschlüsse einzusetzen und unsere Programmatik
voranzubringen.
Diese Zielsetzung muss mit dem Anspruch guten Koalitionsmanagements zur
Sicherung ihrer Handlungsfähigkeit in den Ausgleich gebracht werden. Ein
besonderes Spannungsfeld entsteht bei Parteibeschlüssen, die im Laufe der
Legislatur auf den Weg gebracht wurden, insbesondere, wenn sie im Konflikt zu
Vereinbarungen im Koalitionsvertrag stehen: Sie sind als Teil unserer grünen
Programmatik grundsätzlich handlungsleitend für unsere Abgeordneten, können
jedoch nicht als Auftrag zur Aufkündigung des Koalitionsvertrages und damit der
Beendigung einer Koalition verstanden werden, wenn die Partei dies nicht
explizit so beschließt.
Spannungsfeld Fraktionsdisziplin und freies Mandat
Damit unser parlamentarisches Regierungssystem funktioniert, braucht es
verlässliche Mehrheiten im Parlament. Diese werden über die freiwilligen
Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die Fraktionen, organisiert. Denn nur durch
die Bildung einer Aktionseinheit zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit kann
– im Kontrast zu präsidentiellen Demokratien – eine stabile Regierung gebildet
werden. Das fraktionskonforme Abstimmungsverhalten hat in unserem System also
einen hohen Stellenwert. Die dafür obligatorische Fraktionsdisziplin steht in
einem Spannungsverhältnis zum verfassungsrechtlich festgeschriebenen freien
Mandat der Abgeordneten.
Für uns ist die im Diskurs vorherrschende Meinung vom „freien Mandat des
parteigebundenen Abgeordneten”3 handlungsleitend. Dahinter verbirgt sich das
Rollenverständnis, dass Abgeordnete nicht isoliert von der – ebenfalls im
Grundgesetz festgeschriebenen – Mitwirkung der Parteien an der politischen
Willensbildung betrachtet werden können. Sie sind demnach Mandatsträger*innen,
die Partei und Fraktion angehören und daher auch entsprechenden Bindungen
unterliegen. Gleichzeitig sind die Bürgerschaftsabgeordneten durch Artikel 7
Abs. 1 Satz 2 der Hamburgischen Verfassung gegen einen absoluten Einfluss der
Parteien und Fraktionen geschützt. Abgeordneten kann ihr Mandat aufgrund ihres
Abstimmungsverhaltens nicht entzogen werden.
Für uns GRÜNE bedeutet das: Selbstverständlich gilt für uns auch in Fraktionen
das in letzter Konsequenz freie Mandat. Gleichzeitig sehen wir
Fraktionsdisziplin als nichts Anrüchiges, sondern als Grundlage, um als
Regierungspartei ohne absolute Mehrheit gestalten zu können. Die Abgeordneten
schließen sich freiwillig Fraktionen an, um ihre Schlagkraft und
Durchsetzungsfähigkeit zu erhöhen. Wir erwarten von allen grünen Abgeordneten,
dass sie ihr Mandat dementsprechend ausfüllen. Politik gegen die Werte unserer
Partei und unseren Fraktionen kann es nicht geben.
Um die Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten und zu gestalten, geben sich Fraktionen
gemeinsame Regeln, die auch den freiwilligen Verzicht auf völlig freies,
abweichendes Agieren und Abstimmen beinhalten. Unsere Fraktionen sind
angehalten, dabei auch für den Umgang mit Gewissenskonflikten einzelner
Abgeordneter bei Abstimmungen oder sonstigen Handlungen im Rahmen der
Abgeordnetentätigkeit geordnete und vor allem faire Verfahren zu vereinbaren.
Dabei ist ganz entscheidend: Es ist nicht Aufgabe der Partei, die
Organisationsstruktur und Arbeitsweise unserer Fraktionen im Detail vorzugeben.
Es ist Aufgabe der Fraktionen, insbesondere der Fraktionsvorstände, im Grundsatz
die Wahrung der Fraktionsdisziplin im Sinne guten Koalitionsmanagements zu
gewährleisten und mit angemeldeten Gewissenskonflikten einzelner Abgeordneter in
den Ausgleich zu bringen. Die Fraktion hat über diese Verfahren Transparenz
gegenüber der Partei herzustellen.
Spannungsverhältnis Amt und Mandat
Bei uns GRÜNEN in Hamburg ist es gelebte Praxis, dass dem Landesvorstand sowohl
Mitglieder ohne Mandat angehören als auch Mitglieder, die ein Mandat in der
Bürgerschaft, der Bezirksversammlung oder dem Bundestag haben. Durch die
personelle Verknüpfung von Abgeordneten auf unterschiedlichen Ebenen verbessert
sich die Kommunikation und Wissensweitergabe zwischen Partei und
Bürgerschaftsfraktion sowie zwischen Landes-, Bezirks- und gegebenenfalls
Bundesebene. So ermöglichen wir insbesondere in Regierungszeiten, dass der
Landesvorstand der Aufgabe der Partei als Hüterin des Koalitionsvertrages
tatsächlich nachkommen kann. Mandatsträger*innen im Landesvorstand haben die
Verantwortung, die Verknüpfung in diesem Sinne auszufüllen. Gleichzeitig sehen
wir einen großen Wert darin, dass dem Landesvorstand auch Mitglieder ohne Mandat
angehören und diese somit aus alleiniger Parteiperspektive agieren können. Die
Landesmitgliederversammlung hat in der Vergangenheit für einen guten Ausgleich
beider Interessen gesorgt.
Damit bewegen wir uns in der Praxis auf dem Kurs der Bundespartei, die die
Position der strikten Trennung von Amt und Mandat aus der Gründungszeit
weiterentwickelt hat. Dieser Kurs wurde 2003 durch eine Urabstimmung unter allen
grünen Mitgliedern beschlossen und mehrfach, zuletzt auf der
Bundesdelegiertenkonferenz 2022, bestätigt.
Dass sich zu viel Macht auf einzelne Personen konzentriert, verhindern wir
dadurch, dass Landesvorstandsmitglieder nicht gleichzeitig Mitglieder des
Fraktionsvorstandes der grünen Bürgerschaftsfraktion oder Mitglieder des Senats
sein sollen. Diese gelebte Praxis werden wir künftig in der Satzung verankern.
Sollten Mitglieder des Landesvorstandes eine solche Position erlangen, haben sie
eines der Ämter innerhalb einer Übergangsfrist von 8 Monaten niederzulegen.
Kapitel 3: Gute Zusammenarbeit der Landes- und
Bezirksebene
Damit wir gute grüne Politik für Hamburg machen können, ist eine funktionierende
Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bezirksebene von großer Bedeutung. Denn
gerade vor Ort in den Bezirken wird unsere Arbeit für die Menschen der Stadt
direkt spürbar. Das gilt umso mehr, da wir in den letzten Jahren als
Regierungspartei nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf Bezirksebene stark
gewachsen sind. Unsere sieben Bezirksfraktionen machen in unterschiedlichsten
Konstellationen erfolgreich Politik. Wir sind als stärkste Kraft und als kaum
kleinerer Koalitionspartner an stabilen Zweierbündnissen beteiligt, arbeiten
erfolgreich als Partnerin in Dreierbündnissen und können auch mit wechselnden
Mehrheiten stabil unsere Politik umsetzen.
Viele unserer Strukturen zur Zusammenarbeit zwischen Landes- und Bezirksebene
haben sich bewährt. Dennoch kam es in der Vergangenheit bei bestimmten
Entscheidungen immer wieder zu Konflikten zwischen einzelnen Bezirken und der
Landesebene. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, einen erneuten Blick auf die
Strukturen zu werfen und punktuell Anpassungen vorzunehmen. Dabei gilt es, die
begrenzten Ressourcen der meist ehrenamtlich tätigen Mitglieder auf Bezirksebene
zu berücksichtigen.
Kreisvorstände & Landesvorstand
Auf Parteiebene haben sich die quartalsweise stattfindenden Treffen zwischen
Landes- und Kreisvorsitzenden etabliert, um relevante Abstimmungen zwischen den
Gremien sicherzustellen. Diese werden künftig – wie im Abschnitt zur
Krisenkommunikation ausgeführt – um digitale Sonderschaltungen bei besonders
akuten, kritischen Themen ergänzt. Vor Bezirkswahlen sichert die Einsetzung
einer Wahlkampfkommission die organisatorische Abstimmung zwischen Landes- und
Kreisverbandsebene.
Einbindung grüner Bezirksamtsleitungen
Über die Einbindung der grünen Bezirksamtsleitungen in der GVB gibt es einen
kontinuierlichen Austausch zwischen Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene
sowie mit Parteispitze und Fraktionsvorstand der Bürgerschaftsfraktion.
Einbindung Bezirksfraktionen
Zentraler Ort für die Abstimmung der Bezirksfraktionen untereinander mit der
Landesebene sind die regelmäßigen Runden der Bezirksfraktionsvorsitzenden mit
dem*der Fachsprecher*in für Bezirke in der Bürgerschaft und Vertreter*innen der
Landesgremien. Dieser Kreis hat sich über mehrere Legislaturperioden als das
geeignete Format bewährt, um einen Austausch zwischen den Bezirksfraktionen zu
ermöglichen, die Bezirksfraktionen über politische Vorgänge auf der Landesebene
zu informieren und Bedarfe der Bezirke für Akteur*innen der Landesebene zu
besprechen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist auch die regelhafte
Vertretung des Landesvorstandes, der grünen Senatsseite und dem
Fraktionsvorstand der Bürgerschaft notwendig. Die Teilnahme von Vertreter*innen
dieser Landesgremien soll künftig wieder stärker forciert werden. Darüber hinaus
hat sich in verschiedenen Ressorts auch der Austausch zwischen
Fachsprecher*innen der Bürgerschaftsfraktion und der Bezirksfraktionen bewährt.
Bürgerschaftsfraktion und Bezirksfraktionen sind angehalten, diesen Austausch –
insbesondere dort, wo Landes- und Bezirksthemen ineinandergreifen – zu
ermöglichen. Bei besonderen, Ebenen-übergreifenden politischen Herausforderungen
hat sich in der Vergangenheit, wie etwa bei der Unterbringung von Geflüchteten,
eine regelmäßig tagende AG aus Bezirksabgeordneten, Bürgerschaftsabgeordneten
und Staatsrät*innen der Regierungsparteien bewährt. Dadurch bringen sich alle
Beteiligten regelmäßig auf den gleichen Sachstand und können Problemlagen
frühzeitig gemeinsam beraten. Dieser Weg empfiehlt sich für vergleichbare
Situationen in der Zukunft.
Umgang mit dem Evokationsrecht
Der Hamburger Senat hat nach § 1 Abs. 4 des Verwaltungsbehördengesetzes ein
sogenanntes Evokationsrecht. Das bedeutet, dass er „allgemein und im Einzelfall
Weisungen erteilen und Angelegenheiten selbst erledigen [kann], auch soweit eine
Fachbehörde oder ein Bezirksamt zuständig ist.“ Die Anwendung dieses
Evokationsrechts wird in den allermeisten praktischen Fällen aus den Bezirken
heraus angeregt. Wenn eine Bezirksverwaltung beispielsweise bei der Durchführung
eines großen Stadtentwicklungsprojektes an die Grenzen ihrer Ressourcen stößt,
kann die Bezirksversammlung den Senat bitten, dieses Projekt zu übernehmen. Dies
passiert selbstverständlich auch nach Wunsch bzw. Willensbildung der dort
regierenden Bezirksfraktionen mit dem Senat – somit am Ende eines
einvernehmlichen Prozesses. Neben diesen Verfahren gibt immer wieder
Evokationen, die der Senat aus gesamtstädtischer Perspektive gegen den
mehrheitlichen Willen der Bezirksversammlung trifft.
Als Teil der Regierung kann die grüne Senatsseite Zustimmungen zu Evokationen
verweigern. Für uns GRÜNE gilt dabei als ambitionierte Bezirke-Partei der Stadt:
Eine Anwendung des Evokationsrechts gegen den Willen der betreffenden
Bezirksfraktion soll nicht stattfinden. Bei strittigen Verfahren werden die
Bezirksfraktionsvorsitzenden des betroffenen Bezirks regelhaft zur Erörterung
des Sachverhaltes zur grünen Senatsvorbesprechung eingeladen. Ziel ist es, unter
Vermittlung des geschäftsführenden Landesvorstandes möglichst Einvernehmen
herzustellen.
1 Für einen funktionierenden Austausch der Fachabgeordneten der Bürgerschaft mit
den jeweiligen LAGen stehen auch die LAG-Sprecher*innen in der Verantwortung,
Sitzungstermine abzustimmen.
3 Die Definition ist unter anderem nachzulesen in:
Karsten, Hans-Hermann 1985): Möglichkeiten und Grenzen der Disziplinierung
des Abgeordneten durch seine Fraktion: Fraktionsdisziplin, Fraktionszwang
und Fraktionsausschluss. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen, JG. 16, H
4, Seite 475
oder: Ismayr, Wolfgang (1985): Ansätze und Perspektiven einer
Parlamentsreform. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, JG. 41, H. 50, Seite
41
Unterstützer*innen
- Lars Boettger (KV Hamburg-Altona)